Unsere Grundsätze
Wir helfen effektiv, jedoch rücksichtsvoll, ohne das traditionelle Gefüge, sei es Brauchtum oder Religion anzutasten. Wir achten Bewährtes und versuchen nicht den Menschen dort unsere eigene Kultur überzustülpen. Dort, wo wir gerufen werden, versuchen wir in langen Gesprächen, gemeinsam mit den Betroffenen, eine Lösung der Probleme zu finden.
Natürlich hat allein unser Dasein in Al Mihlaf für gewisse Veränderungen in der Region gesorgt. Ohne dies wäre es nicht möglich Mädchen in Taiz zur Schule zu schicken.
Da wir grundsätzlich unsere beiden Projekte im Jemen, nicht miteinander verquicken wollen, haben wir die „Jemen Kinderhilfe Aichach e.V." neben dem „Förderverein Aktion Jemenhilfe e.V." gegründet. Somit wissen alle Sponsoren und Spender ganz genau, wofür sie spenden.
Unser Projekt
Wir schickten zunächst begabte, bedürftige, verwaiste Kinder aus den Bergen von Al Barazza, 35 km nordwestlich von Taizz, in eine gute Schule in Taizz.
Wir unterstützten ebenfalls die Station der schwerverbrannten Kinder in Taizz. Diese ist allerdings durch das Bombardement der saudi-arabischen Streitkräfte zerstört.
Bedingt durch den seit 2014 andauernden Krieg ist die Zahl der Kinder, die wir betreuen, dramatisch gestiegen.
Die Umsetzung
Nach Rücksprache mit den Lehrern von Al Mihlaf / Jemen schicken wir sechs Halbwaisen in Taizz in eine Privatschule. In eine Privatschule, weil in den staatlichen Schulen die Klassenstärken zwischen 90 und 100 Kindern betragen.
An der Schule unserer Buben hatten die meisten Lehrer im Ausland studiert, was einen qualifizierten Unterricht sicherte.
Auch einige Mädchen gingen in Taizz in die gleiche Schule wie die Jungs. Dies freut uns besonders. Es war sehr schwer, das Einverständnis der Familien zum Leben von Mädchen außerhalb des Familienverbandes zu bekommen. Besonders die Alten fürchteten um die Ehre der Mädchen.
Bedingt durch den Krieg leben inzwischen ca. 25 Mädchen, alles Kriegswaisen, in unserem neuen Haus. Dies neben ca. 75 verwaisten Jungs verschiedenen Alters.
Unsere einstige Wohnung wurde zu klein und außerdem hatte der Eigentümer wegen Eigenbedarfs gekündigt. Es war nicht möglich für so viele Kinder ein Haus zu mieten. Um die Kinder nicht wieder auf die Straße schicken zu müssen, haben wir ein Haus gekauft. Dies war nur mit Hilfe der „Stiftung Jemenhilfe-Deutschland" und dem „Förderverein Aktion Jemenhilfe e.V." möglich. Da nur das erste Stockwerk ausgebaut war, haben die großen Jungs unter Anleitung eines Bauingenieurs den zweiten Stock in Eigenregie ausgebaut. Das dritte Stockwerk ist noch in Arbeit, kann aber wegen Corona im Augenblick nicht fertig gestellt werden. Die Gefahr, dass die Krankheit eingeschleppt wird, ist zu groß.
Noch vor dem Ausbruch der Corona Pandemie im Jemen konnten alle Kinder mit den Erwachsenen in dieses Haus einziehen. Witwen und verlassenen Frauen mit Kindern halfen wir, ihre Kinder in die Schule zu schicken, z.B. durch den Kauf von Schuluniformen. Mit Material (Bettwäsche, Hefte, Spiele, Kleidung etc.) welches in Deutschland gespendet wurde, versorgten wir ein kleines Heim für Straßenkinder in Taizz.
Das Team
In Deutschland bilden neun von der Mitgliederversammlung alle zwei Jahre neu gewählte Personen den Vorstand des Vereins.
Im Jemen wurden die Buben von zwei jungen Frauen betreut. Die Mädchen lebten in der Familie des Rektors ihrer Schule. Scheich Sadeq, der Verwalter unseres Krankenhauses, der selbst sehr darunter litt keinen gehobenen Schulabschluss zu haben, kümmerte sich um die Kinder und hielt auch Kontakt mit den Schulen. Inzwischen ist er leider in Kairo durch den Behandlungsfehler eines Arztes verstorben. Sein zweitältester Sohn Arafat ist inzwischen staatlich geprüfter Arzt. Er hat jetzt die Leitung des Krankenhauses in Al Mihlaf übernommen und führt es im Sinne seines Vaters mit großem Engagement weiter.
In Taizz hat der dritte Sohn Ali von Scheich Sadeq die Bauleitung des Hauses und die Verantwortung für die Kinder und Erwachsenen übernommen. Dies neben seinem BWL-Studium, welches er - sobald die Universitäten wieder geöffnet sind - abschließen wird.
Das Umfeld
Die Schule von Al Mihlaf, einem Bergdorf in ca. 2.500 m Höhe, liegt ca. 35 km von der nächsten Stadt, Taizz, in einer abgelegenen Gegend. Die meisten, vor allem die älteren Menschen, dort sind Analphabeten. Die jüngeren Männer haben erkannt, dass Schulbildung wichtig ist und haben für die ca. 900 Kinder der Region eine kleine Schule gebaut. Es handelt sich um vier Klassenräume, ohne Tür und Fensterscheiben, deren Decke mit alten Plastiksäcken abgedeckt ist.
Da unmöglich alle Kinder unterkommen können, findet der Unterricht meist im Freien unter Bäumen statt oder in Gruben, die von den Lehrern ebenfalls mit dürren Zweigen und Plastiksäcken abgedeckt werden.
Sollte es einmal regnen, muss der Unterricht ausfallen. Auch das Feld unter den Bäumen muss dann geräumt werden, weil die Bauern ihren Acker bearbeiten.
Trotz Schulpflicht ist im Jemen ein Besuch der Schule ohne Schuluniform nicht möglich. Arme bleiben somit chancenlos. Viele Kinder müssen zu Hause helfen und besuchen daher keine Schule.
Witwen und verlassene Frauen werden immer häufiger von der Familie des Mannes vertrieben und sind damit der Barmherzigkeit der Frauen aus ihrem Dorf ausgeliefert. Sie sind Analphabetinnen, haben viele Kinder und keine Chance Arbeit zu finden. Durch die seit langem anhaltende Dürre und den Krieg können die selbst am Existenzminimum lebenden Frauen des Dorfes nicht lange helfen.
Durch verseuchtes Wasser und Mangelernährung leiden vor allem die Frauen und Kinder an Anämie und sind darum sehr anfällig für Krankheiten. Dies lässt besonders jetzt während der Corona-Pandemie das Schlimmste befürchten. Zumal die medizinischen Verhältnisse im Land entsetzlich sind. WHO und anderen internationalen Organisationen geht inzwischen das Geld aus, so dass sie angekündigt haben, voraussichtlich nur noch bis Ende Juni 2020 helfen zu können.
Schon jetzt stirbt alle 10 Minuten ein Kind an den Folgen des Hungers. Was dann auf die Menschen im Jemen zukommt, ist unvorstellbar.
Schon lange hat der Jemen die höchste Zahl an schwerstverbrannten Kindern der Welt. Dies kommt von grässlichen Unfällen mit Kerosinlampen. Strom gibt es in vielen Dörfern nicht.
Allein in der Hauptstadt Sana'a lebten vor dem Krieg ca. 25.000 Straßenkinder. In Taizz war die Situation nicht besser. In einem kleinen Heim konnten bisher gerade mal acht Kinder aufgenommen werden.
Darum sind wir froh, dass es uns gelungen ist, ca. 100 Menschen die meisten davon Kinder und Jugendliche in unserem Kinderhaus in Taizz eine neue Heimat zu bieten.
Wir wissen, dass unsere Hilfe nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein ist, doch wir wissen auch: Es ist „Hilfe, die ankommt und unmittelbar wirkt."